SPD-Parteitag in Dresden Satte Mehrheit für Gabriel

Veröffentlicht am 14.11.2009 in Bundespolitik

Die SPD hat ihren neuen Vorsitzenden Sigmar Gabriel mit einem deutlichen Vertrauensvorschuss ausgestattet. Nach einer umjubelten, fast zweistündigen Rede wählte der Bundesparteitag in Dresden den früheren Umweltminister am Freitagabend mit 94 Prozent zum neuen Parteichef.

Gabriel forderte die SPD zum Kampf um die politische Mitte auf. Mit seinem Vorgänger Franz Müntefering waren die Delegierten zuvor scharf ins Gericht gegangen. Dieser hatte in seiner Abschiedsrede vom Vorsitz vor Flügelkämpfen gewarnt.

Auf Gabriel entfielen 472 Ja-Stimmen von 501 gültigen Stimmen. Seine Zustimmungsquote war damit ähnlich hoch wie bei der erstmaligen Wahl von Franz Müntefering zum Parteichef 2004 und von Kurt Beck 2006. Bei seiner erneuten Wahl vor einem Jahr hatte Müntefering nur 85 Prozent erreicht.

Gabriel: Wir brauchen sozialen Konsens

Es sei falsch, die Begriffe "links" und "Mitte" gegenüberzustellen, sagte Gabriel. "Links" sei für ihn Freiheit und Solidarität. "Wenn wir linke Politik so verstehen, dann müssen wir uns nicht nach links öffnen." Es gehe darum, die Konzepte der SPD darauf hin zu überprüfen, ob sie diesen Ansprüchen gerecht werden. "Wir brauchen einen neuen sozialen Konsens, der breite Schultern stärker zur Finanzierung des Gemeinwohls heranzieht und der Menschen aus Armut heraushilft", sagte Gabriel. "Ich nenne das sozialen Patriotismus." Der neuen Koalition aus Union und FDP warf er vor, sie glaube "immer noch an die blinden Kräfte des Marktes".

Gabriel plädierte für höhere Steuereinnahmen zur Finanzierung von Bildungsausgaben. Allein für den Bildungssektor würden jährlich 20 Milliarden Euro mehr gebraucht, um den Durchschnitt der Industrieländer zu erreichen. Da werde es nicht reichen, sich über einen höheren Spitzensteuersatz zu verständigen. Auch die Öko-Steuer müsse weiterentwickelt werden.

Kritik an Basta-Politik

Vor der Wahl Gabriels sparten viele Delegierte nicht mit Kritik am Vorgänger Müntefering. Wie ein roter Faden zog sich durch die 66 Debattenbeiträge der Vorwurf, in den vergangenen elf Jahren sei die Basis an der Politik nicht beteiligt worden. "Von oben verordnete Politik muss vorbei sein", forderte etwa der Delegierte Eckart Kuhlwein aus Schleswig-Holstein. Es müssten auch wieder die einfachen Mitglieder in der SPD mitgestalten. Vielfach wurde ein Ende der auf einen autoritären Führungsstil gemünzten "Basta-Politik" verlangt.

Immer wieder wurde die vom früheren Kanzler Gerhard Schröder initiierte Reformpolitik Agenda 2010 als Ursache für schwindende Wählergunst benannt. Draußen im Lande habe es niemals eine Mehrheit für die Rente mit 67, Hartz IV, den Afghanistan-Einsatz, die Ausweitung der Leiharbeit gegeben, sagte Harald Unfried aus Nordrhein-Westfalen.

Müntefering rief seine Partei auf, geschlossen mit neuer Führung einen Neuanfang zu suchen. "Offene Aussprache, Orientierung, Neuaufbau - das braucht seine Zeit." Er vermied es, nochmals die Rente mit 67 zu rechtfertigen, die von der Parteibasis mitverantwortlich für den Vertrauensverlust gemacht wird. Eigene Fehler erwähnte der 69-Jährige nicht.

Zu den Ursachen der Wahlniederlage sagte er, dass die SPD für viele Wähler nicht interessant genug gewesen sei. Die Parteiflügel verselbstständigten sich - das koste Kraft und Geschlossenheit. Er forderte: "Lasst diese Art von Flügelei." Derweil sackte die SPD in der Wählergunst weiter ab. Nur noch 21 Prozent würden sich laut ARD-Deutschlandtrend für die Sozialdemokraten entscheiden, wenn am Sonntag Bundestagswahl wäre. Das sei der niedrigste Wert, der im ARD-Deutschlandtrend je für die SPD gemessen worden sei.

Quelle: www.stuttgarter-zeitung.de

 
 
 

 

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